Atomkraft – mein Fluchtplan

Es scheint als könne man sagen „Es ist passiert, was passieren musste“ – die Welt erlebt dieser Tage ihr zweites Tschenobyl. Ich erlebe mein erstes und hoffte bis dahin immer solch eine Katastrophe nie erleben zu müssen.

Die Katastrophe von Fukushima schreckt mich nicht auf. Schon seit Jahren haben Gedanken an einen GAU ihren Platz in meinem Kopf – auch in Deutschland. Vor einem Jahr habe ich mich das erste mal intensiv damit beschäftigt, was ich im Fall „GAU“ tun würde. Aber erstmal zur Ausgangslage:

Ich lebe in einem östlichen Bezirk Berlins, in direkter Nachbarschaft gibt es bis auf den Forschungsreaktor Wannsee keine Kernkraftwerke. Dafür befinden sich in „mittlerer Entfernung“ 4 Meiler, von denen zwei bereits als Pannenreaktoren bekannt geworden sind, Krümmel und Brunsbüttel.

Der nach einem Trafobrand am 28. Juni 2007 über 2 Jahre abgeschaltete Meiler Krümmel (östlichen von Hamburg an der Elbe) liegt nur etwa 220 Kilometer Luftlinie vom Berliner Reichstag entfernt. Weitere Störfälle durchziehen die Biografie des Meilers. So musste das Werk nach 2 Wochen Betrieb 2009 am 4. Juli per Notabschaltung wieder vom Netz und hat seitdem keine gültige Betriebserlaubnis mehr erhalten. Bereits im „Tschernobyl-Jahr“ 1986 machte der Meiler Schlagzeilen, so dass sich noch 20 Jahre danach die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW mit einem möglicherweise vertuschtem Atomunfall beschäftigt.

Etwa 275 Kilometer vom Reichstag entfernt liegt das AKW Grohnde (bei Hannover). 1976 in Bau gegangen liefert das Kraftwerk seit 1985 Strom und soll noch bis 2032 weiter laufen. Der Druckwasserreaktor wird u.a. mit den bei Unfällen gefürchteten MOX-Brennelementen betrieben.

Die zwei weiteren AKWs im Großraum Hamburg liegen 300 Kilometer (Brokdorf) bzw. 320 Kilometer (Brunsbüttel) von Berlin entfernt. Sollte es in diesen Reaktoren zu einem ähnlichen Störfall wie dieser Tage in Japan kommen, wird es für die Menschen in direkter Umgebung fast kein entrinnen geben. Die vorhandenen Katastrophenpläne sind wahrlich katastrophal. Es wird zwar verschiedene Evakuierungszonen geben, diese aber in viel zu kleinem Maßstab. Je nach Windrichtung werden innerhalb relativ kurzer Zeit große Gebiete verstrahlt werden.

Warum zähle ich Meiler im Umkreis von bis zu 300 Kilometer auf?
Untersuchungen für den Fall einer Kernschmelze im AKW Biblis haben ergeben, dass selbst bei einem Unfall in Biblis Städte wie Berlin oder Paris (beide über 450 Kilometer Luftlinie entfernt) für gewisse Zeit bedroht sind. Langfristig ist es sogar möglich, dass Gebiete in über 200 Kilometer Entfernung vom Unglücksort dauerhaft unbewohnbar werden. Man stelle sich einfach vor, was mit Berlin passiert wenn es in Krümmel …

Die Informationspolitik der zuständigen Behörden und des Betreibers werden sich an dem bekannten Vorgehen bei fast allen anderen Störfällen, die es mit Kernkraftanlagen bisher gab, orientieren. So wird es m.E. an jedem selbst liegen eine Entscheidung zu treffen. Ich für mich habe meine Entscheidung bereits festgelegt:

Ich werde sobald ich die Nachricht erhalte fliehen, meine sieben Sachen zusammenpacken und zu aller erst Berlin verlassen. Die Fluchtrichtung wird entscheidend von der Wetterlage abhängen. Ich hab bereits vor einem Jahr überlegt mir eine Art „Notkoffer“ zu packen, wie sie die Japaner im Erdbebenfall besitzen. Umgesetzt habe ich die Idee noch nicht – vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt dies nochmal zu überdenken.

 

PS: Wer sich selbst ein Bild der Notfallpläne einiger deutscher Reaktoren machen möchte hat hier die Möglichkeit (kleine Auswahl):

Krümmel
Biblis
Forschungsreaktor Wannsee

 

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