Vorübergehend Heimatlos
Im Hintergrund singt Gisbert zu Knyphausen sein „Neues Jahr“ und ich sitze in meinem Bett. Schaue an die Wand. Sie ist gefüllt mit Erinnerungen an vergangene Zeiten. Schöne Zeiten.
Es ist der letzte Montag, den ich für lange Zeit in dieser Stadt verbringen werde. Die Sonne scheint, es war fast warm, aber das bemerkte ich nur an meinem offenen Fenster. Von innen. Ich konnte heute nicht das Haus verlassen. Ich war zu schwach mich aufzuraffen. Zu sehr beschäftigt mit den Gedanken an die Zukunft und dabei auch zu sehr beschäftigt mit den „kleinen Teufeln meiner Angst“, die mir dabei immer gerne Pfeile in den Magen schießen.
In den letzten Tagen häufen sich die Fragen, ob ich mich denn schon wieder auf Berlin freuen würde und ich zucke mit meinen verspannten Schultern. Es fühlt sich leer an. Wie gefangen zwischen zwei liebgewordenen Welten. Hin- und hergerissen. Ich möchte mich nicht entscheiden zwischen den beiden. Ich muss es nicht, es ist bestimmt.
Nach einem Monat in Zürich war ich damals ein paar Tage in Hamburg und danach eine Woche in Berlin. Als ich endlich das Boarding überstanden hatte und der Airbus in Richtung Himmel aufstieg, kam mir ein Gedanke in den Kopf, der mich seit kurzem wieder öfter beschäftigt.
In Hamburg angekommen, musste ich ihn direkt mit Carla teilen. So sagte ich ihr, dass ich gemerkt habe, ich könne ohne Berlin nicht. So schön Zürich sein möge, es ist und bleibt meine Heimat. Dieses Gefühl werde ich nicht vergessen und so erinnere ich mich heute daran zurück, denn es ist verschwommen. Das habe ich nicht erwartet.
Vielleicht fällt mir deswegen genau jetzt die Vorfreude auf einmal schwer. Obwohl ich weiß, dass wunderbare Menschen auf mich warten, die mich vermisst haben. Doch dagegen stehen wunderbare Menschen, die ich hier zurücklasse.
Und wenn sich selbst bei einigen Kollegen auf der Arbeit ein wenig Abschiedsschmerz breit macht, sollte mich das eigentlich fröhlich stimmen, aber es tut es nicht. Weil auch ich gerne mit ihnen gearbeitet habe. Aber eben nicht nur gearbeitet, sondern auch gelebt habe, an über einem Drittel meines Tages.
Was bleibt ist der Gedanke daran zurückzukommen. Egal als was, aber ein zweites Zuhause, das behalte ich im Herzen. Und ich bin mir sicher: bald hängen die Erinnerungen dieser Zeit auch an meiner Wand. Eine schöne Zeit.